Begräbnis
Gestern war ein langer, heißer Tag. Zuerst war ich auf einem Begräbnis in Stammersdorf und dann auf dem Geburtstagsfest der Zwillinge. Ein auf und ab der Gefühle. Ich weiß schon, dass der Tod zum Leben dazugehört, aber gestern war alles so eng beisammen. Zuerst die Trauerfeier (hierzulande Leichenschmaus genannt) und dann die herumtollenden Kinder an ihrem 7. Geburtstag. Am Abend war ich wie erschlagen.
H. ist mit knapp 60 gestorben. Es ging schnell, vor 5 Wochen hat er erfahren, dass er Darmkrebs hat und gleichzeitig die Leber komplett zerstört ist und nicht funktioniert. Ich habe ihn in Thailand kennen gelernt. Er war mit einer Thai verheiratet und hat den Winter in ihrer Heimat verbracht. 2 Jahre hintereinander war ich im Dezember in Asien und es war immer eine äußerst turbulente Zeit. Mit H. habe ich viele Gespräche, vor allem über Männer und Frauen und ihre Beziehung zueinander geführt. Als ich erfahren habe, dass er im Sterben liegt, war ich zu feig in zu besuchen.
Ich hatte Angst davor;
was sagt man in so einer Situation ?
Wie verhält man sich, wenn er im Morphium Wahn fantasiert ?
Aber ich habe mir vorgenommen, wenigstens auf sein Begräbnis zu gehen, damit dort möglichst viele Leute sind und ich L. ( seiner Witwe) helfen kann. Sie hat sich sehr gefreut und ich habe versprochen sie bald anzurufen und zu besuchen. Sie ist jetzt ca. 45 und hat über 10 Jahre mit dem Mann gelebt. Für Jeden ist es schwer, wenn ein geliebter Mensch stirbt. Und noch schwerer ist es für eine Frau, deren Mann immer alles für sie geregelt hat. Und besonderes schwer ist es dann noch als Ausländerin, die zwar ganz gut Deutsch spricht, aber unsere Kultur nie ganz verstehen wird. Ich werde nie vergessen, wie wir in Batthaya in einem großen Kaufhaus waren und H. zu ihr sagte, sie soll sich eine Handtasche kaufen. Sie stand an der Rolltreppe und verneinte. Er drängte sie, er wollte ihr eine Freude machen. Aber sie stand nur da, wie ein Häufchen Elend und erklärte ihm, dass das Kaufhaus so groß ist und dort so viele Leute sind und so viele Sachen und sie das nervös macht und sie dann einen Unsinn kauft. Das wollte sie nicht. Er ist dann mit ihr gegangen.
Gestern sagte sie mir, dass mit H. Ihr Herz gestorben wäre, dass sie ihr Augenlicht verloren hätte. Und als später eine lautstarke Diskussion wegen dem Erbe entstand, rief sie plötzlich: „ Aufhören, sonst kann H. nicht gut schlafen.“
Viele Erinnerungen kamen gestern wieder, wie Bilder sind sie vor meinem geistigen Auge abgelaufen. Einige Thais waren natürlich da und sie haben thai gesprochen. Ich habe ein paar Brocken gelernt und wieder ein bisschen „mitgeredet“. Es gab eine mehr als scharfe Thai Suppe. Mit der scharfen Würze auf den Lippen an dem heißen Mittag gestern und der Sprache in den Ohren, habe ich die Augen geschlossen und war wieder dort.
Seit ich bei R. ausgezogen bin und alles selbst zahlen muss, konnte ich nicht mehr nach Asien fliegen. Und ganz tief in meinem Herzen weiß ich, dass es nicht mehr so wie damals wird. Der Tod von H. hat mir das auch wieder klar gemacht. Je älter ich werde umso mehr Erinnerungen häufen sich an und umso öfter muss man Abschied nehmen. Erinnerungen sind schön und ich hänge an ihnen, aber ich hatte früher immer das Gefühl, wenn ich mich bemühe oder fest daran glaube, dann kann es wieder so werden, wie früher. Heute weiß ich, dass es eben bestimmte Lebensabschnitte gibt, die so sind, wie sie sind und wenn sie vorüber sind, dann ist es eben vorüber. Oft merkt man es während der Hektik des Lebens gar nicht, dass ein Abschnitt vorüber ging.
Sawadeeka H.
H. ist mit knapp 60 gestorben. Es ging schnell, vor 5 Wochen hat er erfahren, dass er Darmkrebs hat und gleichzeitig die Leber komplett zerstört ist und nicht funktioniert. Ich habe ihn in Thailand kennen gelernt. Er war mit einer Thai verheiratet und hat den Winter in ihrer Heimat verbracht. 2 Jahre hintereinander war ich im Dezember in Asien und es war immer eine äußerst turbulente Zeit. Mit H. habe ich viele Gespräche, vor allem über Männer und Frauen und ihre Beziehung zueinander geführt. Als ich erfahren habe, dass er im Sterben liegt, war ich zu feig in zu besuchen.
Ich hatte Angst davor;
was sagt man in so einer Situation ?
Wie verhält man sich, wenn er im Morphium Wahn fantasiert ?
Aber ich habe mir vorgenommen, wenigstens auf sein Begräbnis zu gehen, damit dort möglichst viele Leute sind und ich L. ( seiner Witwe) helfen kann. Sie hat sich sehr gefreut und ich habe versprochen sie bald anzurufen und zu besuchen. Sie ist jetzt ca. 45 und hat über 10 Jahre mit dem Mann gelebt. Für Jeden ist es schwer, wenn ein geliebter Mensch stirbt. Und noch schwerer ist es für eine Frau, deren Mann immer alles für sie geregelt hat. Und besonderes schwer ist es dann noch als Ausländerin, die zwar ganz gut Deutsch spricht, aber unsere Kultur nie ganz verstehen wird. Ich werde nie vergessen, wie wir in Batthaya in einem großen Kaufhaus waren und H. zu ihr sagte, sie soll sich eine Handtasche kaufen. Sie stand an der Rolltreppe und verneinte. Er drängte sie, er wollte ihr eine Freude machen. Aber sie stand nur da, wie ein Häufchen Elend und erklärte ihm, dass das Kaufhaus so groß ist und dort so viele Leute sind und so viele Sachen und sie das nervös macht und sie dann einen Unsinn kauft. Das wollte sie nicht. Er ist dann mit ihr gegangen.
Gestern sagte sie mir, dass mit H. Ihr Herz gestorben wäre, dass sie ihr Augenlicht verloren hätte. Und als später eine lautstarke Diskussion wegen dem Erbe entstand, rief sie plötzlich: „ Aufhören, sonst kann H. nicht gut schlafen.“
Viele Erinnerungen kamen gestern wieder, wie Bilder sind sie vor meinem geistigen Auge abgelaufen. Einige Thais waren natürlich da und sie haben thai gesprochen. Ich habe ein paar Brocken gelernt und wieder ein bisschen „mitgeredet“. Es gab eine mehr als scharfe Thai Suppe. Mit der scharfen Würze auf den Lippen an dem heißen Mittag gestern und der Sprache in den Ohren, habe ich die Augen geschlossen und war wieder dort.
Seit ich bei R. ausgezogen bin und alles selbst zahlen muss, konnte ich nicht mehr nach Asien fliegen. Und ganz tief in meinem Herzen weiß ich, dass es nicht mehr so wie damals wird. Der Tod von H. hat mir das auch wieder klar gemacht. Je älter ich werde umso mehr Erinnerungen häufen sich an und umso öfter muss man Abschied nehmen. Erinnerungen sind schön und ich hänge an ihnen, aber ich hatte früher immer das Gefühl, wenn ich mich bemühe oder fest daran glaube, dann kann es wieder so werden, wie früher. Heute weiß ich, dass es eben bestimmte Lebensabschnitte gibt, die so sind, wie sie sind und wenn sie vorüber sind, dann ist es eben vorüber. Oft merkt man es während der Hektik des Lebens gar nicht, dass ein Abschnitt vorüber ging.
Sawadeeka H.
tilak - 17. Jul, 20:34
1007 mal gelesen
knutschflower - 18. Jul, 14:30
Ich find
es toll, dass du am Begräbnis warst. Früher, hab' ich mich immer vor Begräbnissen gedrückt. Auch dann, wenn liebe Menschen gestorben sind.
Später dann, als meine beiden Großeltern väterlicherseits gestorben sind und mein Cousin sich umgebracht hat, bin ich das 1. Mal gegangen. Es hat weh getan & es war schrecklich. Besonders in der Schlange zu stehen und von jedem die Hand geschüttelt zu bekommen mit der Aussage: "Mein Beileid".
Aber als meine geliebte Oma mütterlicherseits vor 2 Jahren gestorben ist, da hab ich mir geschworen zu jedem Begräbnis zu gehen, wenn irgendmöglich, sollte in Zukunft jemand in meinem Bekanntenkreis sterben.
Ich bin damals beim Sarg gestanden und habe JEDEN gehasst der es nicht geschafft hat zum Begräbnis zu kommen, weil ich damals das Gefühl hatte, dass meine Oma es ihnen nicht wert ist zu kommen. Und ich habe es gehasst, dass alles so knapp gekommen sind. Wir sitzen hier seit 1 Stunde und können unsere Trauer nicht fassen. Und die anderen kommen 45 min später und lassen uns in unserer Trauer alleine.
Alles vollkommen irrationale Gedanken - aber in dem Moment kann man sie nicht kontrollieren. Und weil ich jetzt weiß, wie es ist, werde ich versuchen, diese Gefühle bei anderen nicht aufkommen zu lassen od. zumindest keinen Anlass dazu zu geben.
Später dann, als meine beiden Großeltern väterlicherseits gestorben sind und mein Cousin sich umgebracht hat, bin ich das 1. Mal gegangen. Es hat weh getan & es war schrecklich. Besonders in der Schlange zu stehen und von jedem die Hand geschüttelt zu bekommen mit der Aussage: "Mein Beileid".
Aber als meine geliebte Oma mütterlicherseits vor 2 Jahren gestorben ist, da hab ich mir geschworen zu jedem Begräbnis zu gehen, wenn irgendmöglich, sollte in Zukunft jemand in meinem Bekanntenkreis sterben.
Ich bin damals beim Sarg gestanden und habe JEDEN gehasst der es nicht geschafft hat zum Begräbnis zu kommen, weil ich damals das Gefühl hatte, dass meine Oma es ihnen nicht wert ist zu kommen. Und ich habe es gehasst, dass alles so knapp gekommen sind. Wir sitzen hier seit 1 Stunde und können unsere Trauer nicht fassen. Und die anderen kommen 45 min später und lassen uns in unserer Trauer alleine.
Alles vollkommen irrationale Gedanken - aber in dem Moment kann man sie nicht kontrollieren. Und weil ich jetzt weiß, wie es ist, werde ich versuchen, diese Gefühle bei anderen nicht aufkommen zu lassen od. zumindest keinen Anlass dazu zu geben.
tilak - 19. Jul, 22:19
Beileid sagen,
ist mir auf jedem Begräbnis immer am unangenehmsten, weil ich es einfach abgedroschen und blöd finde. L. habe ich gar nichts gesagt, sondern sie einfach nur in den Arm genommen.
liebe tilak
ich erkenn deine geschichte wieder. im jänner 2002 hab ich vom pferdegerald geschrieben, ebenfalls darmkrebs. ich hatte ihn ebenfalls nicht mehr besucht. er war in salzburg und meinte er würd ins wien akh zur behandlung kommen. doch zu dieser behandlung kams nimmer. ich denk mir was hilfts am begräbnis zu sein, in welchem zustand auch immer: ich würd einen freund auch in der letzten stunde besuchen gehen; ich könnt mir nicht verzeihen es nicht getan zu haben, denn es ist nimemr rückgängig zu machen. ich brech das hier ab, es wird mir schlecht auf diesen 2 dörfern im netz - wisse einfach, dass ich dir meine besten gedanken send! yrs susi
naja, ich war einfach zu feig